Heckler und Koch: „Kritische Aktionäre“ erheben schwere Vorwürfe
Aktionärsversammlung lehnt alle kritischen Anträge ab / HK-Sprecher weist Vorwürfe zurück

Scharfe Kritik an Verkaufsmethoden des Oberndorfer Kleinwaffenherstellers üben mehrere Organisationen. Anlässlich einer heute virtuell stattfindenden Aktionärsversammlung haben die „Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre“ Heckler und Koch „zunehmende Geschäfte in lax regulierten Märkten wie in den USA“ vorgehalten.
Oberndorf. Das Bündnis fordert laut Pressemitteilung, „auch bei NATO-Ländern wie Frankreich und den Vereinigten Staaten, insbesondere bei deren Spezialeinheiten, den Einsatz von HK-Waffen strikt auf menschenrechtliche Risiken zu prüfen“.
Profite aus tödlichem US-Zivilmarkt
Während H&K-Waffen in Deutschland mit Bildern von Sicherheitskräften und Windrad-Idyll beworben würden, buhle Heckler und Koch in den USA unter anderem mit der Pistole CC9 um zivile Kundschaft.
Diese könne im Alltag verdeckt getragen werden, um für „den einen Tag“ bereit zu sein („Everyday concealability, that day capability“).
„Damit unterstützt Heckler und Koch den gefährlichen Mythos, Schusswaffen würden ihre Besitzerinnen und Besitzer sicherer machen und dienten ausschließlich der persönlichen Selbstverteidigung“, so Charlotte Kehne, Referentin für Rüstungsexportkontrolle bei „Ohne Rüstung Leben“. Dabei würden in den USA neunmal so viele Menschen angeben, Opfer einer Person mit einer Schusswaffe geworden zu sein, als durch eine Schusswaffe geschützt worden zu sein“, Kehne kritisiert: „Angesichts des Leids der Betroffenen von Schusswaffengewalt und ihrer Angehörigen ist das eine zynische und gefährliche Strategie!“
Allein im letzten Jahr seien in den USA fast 17.000 Menschen durch Schusswaffengewalt getötet und mehr als 31.000 Menschen verletzt worden. Gleichzeitig sei der Zivilmarkt in den USA für Heckler und Koch zentral und das Geschäft solle weiter gestärkt werden.
HK „Alles legal“
Zu dieser auch in der Aktionärsversammlung vorgetragenen Kritik erklärt ein Sprecher von HK auf Nachfrage der NRWZ: „Alle in den Vereinigten Staaten verfügbaren HK-Produkte, werden nach geltendem US-Recht von unserem zertifizierten Händlernetzwerk zum Kauf angeboten.“
Jeder Kaufinteressent, der ein HK-Produkt erwerben möchte, werde vor einem Kauf durch die Datenbank des FBI überprüft, so der Sprecher weiter.
Schmuggel-Risiko an US-mexikanischer Grenze
In der Pressemitteilung weisen die HK-kritischen Organisationen weiter darauf hin, dass nicht nur die USA, auch Mexiko “unter einer Epidemie der Schusswaffengewalt“ leide. Heckler und Koch USA verweise weiterhin auf Waffenhändler, die von der mexikanischen Regierung beschuldigt würden, am illegalen Waffenschmuggel nach Mexiko beteiligt zu sein.
„Bereits in den vergangenen Jahren haben wir Heckler und Koch mit den damit einhergehenden Risiken konfrontiert. Anstatt sie konsequent zu meiden, verweist Heckler und Koch jedoch auf seiner US-Internetseite bei der Händler-Suche mittlerweile explizit auf drei der fünf Beschuldigten. Das widerspreche Heckler und Kochs eigener Maxime, „im Zweifel lieber von einem Geschäft Abstand zu nehmen“, kritisiert Kehne.

HK stelle offensichtlich nicht ausreichend sicher, dass innerhalb der USA verkaufte Produkte nicht nach Mexiko weitergeschmuggelt werden können. „Dabei sollte der Waffenhersteller gerade angesichts seiner unrühmlichen Rolle in Mexiko ein besonderes Augenmerk darauf legen“, so Kehne. Sie erinnert daran, dass 2019 Ex-Mitarbeitende von Heckler und Koch wegen illegaler Waffenexporte nach Mexiko verurteilt wurden. Gegen Heckler und Koch hatte das Landgericht Stuttgart die Einziehung von Verkaufserlösen in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro angeordnet.
Koch: Bitte um mehr Informationen
Zu diesem Punk habe der Vorstandsvorsitzende von HK, Bodo Koch, bei den Fragestellern „um weitere Informationen gebeten“, antwortet der HK-Sprecher auf die Anfrage der NRWZ.
Weiter erklärt er: „Heckler und Koch beliefert sein zertifiziertes Händlernetzwerk auf Basis von geltendem US-Recht. Es entzieht sich der Kontrolle von Heckler und Koch, falls sich Käufer, trotz Überprüfungen durch das FBI, dazu entschließen kriminell Gesetze zu missachten und in den USA legal erworbene HK-Produkte, illegal nach Mexiko zu schmuggeln.“
„Menschenrechtsverletzende Militäreinheiten“ wie Fremdenlegion und Navy Seals
„Entgegen der vorgegebenen Demokratie- und Menschenrechtskriterien im Rahmen der ‚Grünen-Länder-Strategie‘ hat Heckler und Koch die französische Fremdenlegion mit Sturmgewehren des Typs HK416F hochgerüstet. Und das, obwohl die Légion étrangère immer wieder schwere Menschenrechtsverletzungen beging und begeht“, kritisiert Jürgen Grässlin, Bundessprecher der DFG-VK und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüro- Büros RIB.

Sturmgewehre des Typs HK416 befänden sich auch bei den US-amerikanischen Spezialeinheiten Navy SEALs im Einsatz in Krisen- und Kriegsgebieten. Ex-Soldaten werfen den Navy SEALs vor, sich zu einer „globalen-Menschenjagd-Maschine“ entwickelt zu haben, zitiert Grässlin die New York Times.
Frankreich und die USA dürften laut „Grüner-Länder-Strategie“ von HK bisher ohne jegliche Restriktion beliefert werden.
HK: „Frankreich und USA sind freiheitliche Demokratien“
Zu diesem Vorwurf teilt der Sprecher von HK der NRWZ mit, die Fremdenlegion sei Teil der französischen Streitkräfte. „Frankreich ist eine freiheitliche Demokratie, enger Partner in der EU und Verbündeter innerhalb der NATO.“
Auch die Navy SEALS seien Teil der Streitkräfte der USA. Die Vereinigten Staaten von Amerika seien ebenso eine freiheitliche Demokratie und der wichtigste Partner innerhalb der NATO. „Weder bei Frankreich noch den USA hat HK Grund zu der Annahme, dass geltendes Recht nicht eingehalten wird.“ Auf den Vorwurf, die Fremdenlegion und die Navy SEALS verstießen gegen Menschenrechte, geht der Sprecher nicht ein.
Fehlende Verantwortung bei Rehabilitation von Kindersoldaten
Auch die Problematik der Kleinwaffen in Händen von Kindersoldaten bleibe bisher ungelöst. „In ehemaligen und aktuellen Krisen- und Kriegsgebieten – wie beispielsweise in Uganda, Sierra Leone, Sudan, Südsudan, Myanmar, Kolumbien und dem Irak – schossen beziehungsweise schießen Kindersoldaten mit Gewehren von Heckler und Koch.“ Viele von ihnen und auch unschuldige Zivilistinnen und Zivilisten würden durch Kleinwaffen von HK verletzt oder getötet.
Die HK-Geschäftsführung sei bis heute nicht einmal bereit, wenigstens einen Rehabilitationsfonds speziell für Kindersoldaten und deren Opfer einzurichten“, kritisiert Tilman Massa, Co-Geschäftsführer des Dachverbands der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre.
Gefragt, wie es mit einem solchen von HK zu unterstützenden Fonds aussehe, teilt der Unternehmenssprecher mit: „Derzeit ist das nicht in Planung.“
Die kritischen Aktionäre hatten zu diesen Komplexen auch Anträge bei der Aktionärsversammlung gestellt. Dazu teilt der Sprecher mit: „Über die Anträge der kritischen Aktionäre wurde, wie auf der Tagesordnung vorgesehen, abgestimmt. Die Anträge der kritischen Aktionäre wurden mit großer Mehrheit abgelehnt.“